Weltwirtschaftskrise Weltwirtschaftskrise - Der Imperialismus am Vorabend der proletarischen Revolution.
Dokumente der Plenartagungen des Zentralkomitees des Arbeiterbunds für den Wiederaufbau der KPD.
Heft 1, Oktober 2008 bis Dezember 2009, 122 Seiten, 3,- Euro
Heft 2, Januar 2010 bis Oktober 2010, 116 Seiten, 4,- Euro
Heft 3, November 2010 bis April 2012, 160 Seiten, 6,- Euro
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Ergebnisse der Plenartagung des Zentralkomitees

Juli 2013

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Sozialismus oder Barbarei
oder
Die allumfassende Krise, die die Welt bedroht



Sprach die Kommunistische Partei Deutschlands in den Jahren 1928/34 in ihren Ausführungen und Dokumenten noch hauptsächlich von einer Weltwirtschaftskrise, die ihre Wirkung erzielt auf der Grundlage des letzten Stadiums des Kapitalismus, des Imperialismus, der allgemeinen Krise, trennte also in einem gewissen Maße die Weltwirtschaftskrise von der allgemeinen Krise. Und dies damals in einem sehr viel größeren Maße als es die Theoretiker und Analytiker aus der KPdSU zur damaligen Zeit noch taten. Diese Gegenüberstellung von Weltwirtschaftskrise und allgemeiner Krise bedeutet theoretisch, daß der Krisenzyklus des Konkurrenzkapitalismus im wesentlichen gleich ist im Imperialismus. Die Frage muß gestellt werden: Ist diese Gegenüberstellung von Weltwirtschaftskrise und allgemeiner Krise nach 85 Jahren konkret, real und somit auch theoretisch vertretbar und noch vorhanden? Im Denken der Arbeiterklasse und insbesondere der westdeutschen Arbeiterklasse, und auch in Ansätzen bei den westdeutschen Kommunisten wird diese Trennung im Sinne der KPD der 20er und Anfang der 30er Jahre noch oder noch immer in einem bestimmten Maße aufrechterhalten.

Was aber unterscheidet uns von der damaligen Zeit, was uns nötigt, eine erneute Überprüfung der theoretischen Aussage zur allgemeinen Krise und Weltwirtschaftskrise vorzunehmen?

Vorneweg zum allgemeinen Verständnis: Die allgemeine Krise ist Bestandteil der Analyse des Imperialismus, der Imperialismusanalyse und –untersuchung von Lenin. Der Imperialismus ist dem Konkurrenzkapitalismus entwachsen. Insbesondere drückt dies sich aus in der Fäulnis, ob ökonomisch oder von gesamtgesellschaftlicher Natur. Das zweite, entscheidende Unterscheidungszeichen zum Konkurrenzkapitalismus ist, daß das industrielle Kapital sich mit dem Bankkapital verschmolzen hat. Eine weitere Herausbildung gegenüber dem Konkurrenzkapitalismus: das Monopol stellt sich als bestimmende Ökonomie im Imperialismus dar. Und somit in der Herrschaft des Monopolkapitals und seines Staates.

Soweit zu den wichtigsten Unterschieden zwischen Konkurrenzkapitalismus und Imperialismus.



Was hat sich also verändert oder unterscheidet sich in grundsätzlichen Bedingungen von der zweiten Weltwirtschaftskrise 1928-1934 im Vergleich zu heute?

1. Die zweite Weltwirtschaftskrise war ebenso von den stärksten imperialistischen Ländern ausgelöst worden wie heute. Aber sie umfaßte nicht die gesamte Weltökonomie und nicht die ganze Welt. Die Ungleichheit noch Ende der 20er Jahre auf der Welt war wesentlich größer als heute, was die ökonomischen Bedingungen der einzelnen Länder betraf. Der Kolonialismus spielte eine bedeutende ökonomische Rolle noch für den Imperialismus. Die Länder, die noch in feudalen Strukturen sich befanden, gehörten der Vergangenheit an, aber sie existierten noch umfassend auf der Welt. Der Sozialismus verkleinerte den Einfluß der kapitalistischen Welt und insbesondere der Imperialisten auf fünf Sechstel der Welt. Die allgemeine Krise des Kapitalismus war also nicht weltumspannend. Ein Großteil der Menschheit war von ihr indirekt, aber nicht direkt betroffen.

Ganz anders heute: Die allgemeine Krise tobt in der gesamten kapitalistischen Welt. Und da die Welt kapitalistisch ist, tobt sie überall. Kein Land kann sich ausnehmen. Kein Volk wird ausgenommen. Es ist also eine kapitalistische globale, in die letzten Winkel der Erde kriechende allgemeine Krise. Und es ist diese allgemeine Krise, die entscheidend dazu beigetragen hat und Verursacher ist, daß die Weltwirtschaftskrise nur noch bedingt dem allgemeinen kapitalistischen Krisenzyklus folgt. Daraus folgt: Die Weltwirtschaftskrise, die viel umfassender ist, weil die imperialistischen Staaten sie in die ganze Welt tragen verschärft die allgemeine Krise des Kapitalismus, also seine Ausweglosigkeit, das kapitalistische gesellschaftliche System aufrechtzuerhalten in einem Ausmaße, wie die Menschheit es noch nie erlebt hat, seit es den Kapitalismus gibt, in einem Ausmaße, wie es die Menschheitsgeschichte im Kapitalismus noch nie erlebt hat.

2. Die Fakten sagen, daß die Trennung zwischen Weltwirtschaftskrise und allgemeiner Krise, wie sie noch bedingt Ende der 20er Jahre Gültigkeit hatte, nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Die Weltwirtschaftskrise ist Teil der allgemeinen Krise. Und somit ist der Ausweg für die Bourgeoisie sich durch ökonomische Krisen und darin der Vernichtung von Produktionsmitteln als Gesellschaftssystem zu retten, in viel größerem Maß wie 1928-34 versperrt.

3. Die allgemeine Krise, verschärft und bis aufs äußerste durch die von ihr hervorgebrachte Weltwirtschaftskrise zugespitzt, zersetzt nicht nur den Kapitalismus, sondern zerstört in weiten Teilen der Welt seine Grundlage. Dies wird offenbar selbst in alten, uralten kapitalistischen Ländern, z.B. in Europa. Die kapitalistische Ökonomie, die sich im Besitz der nationalen Bourgeoisie befindende Industrie wie aber auch in großen Teilen die Industrie der Imperialisten in diesen Ländern wird unter der heutigen allgemeinen Krise und ihrer Weltwirtschaftskrise in einer Weise zerstört, ruiniert, daß selbst ein Krieg oder Okkupation dieser Länder den Okkupanten und den kriegsführenden Ländern des Imperialismus keinen großen Ausweg mehr eröffnet dadurch, ihre kapitalistische Produktionsweise in der allgemeinen Krise in ihren Ländern selbst aufrechtzuerhalten.

Der deutsche Imperialismus, der zur Stunde darum kämpft, seinen Export in diese Länder aufrechtzuerhalten, findet Länder vor, die er entweder selbst oder eben die Gesetzmäßigkeit der allgemeinen Krise in diesen Ländern so ruiniert hat und entkapitalisiert hat, daß sie in eine Vorstufe der Menschheit fallen. Und daß eine schwache Nationalbourgeoisie wie z.B. in Griechenland, Portugal, Spanien etc. aus eigener Kraft schwerlich sich zurückkämpfen könnte zur kapitalistischen Produktion und somit zur Ausbeutung. (Auch dann, bei völligem Schuldenerlaß.) Darüberhinaus können auch die Imperialisten, die diese Länder im wesentlichen ruiniert haben, sich nicht an die Stelle der Nationalbourgeoisien setzen und an ihrer Statt die imperialistische Ökonomie in diesen Ländern erneut errichten. Die gesamte Welt ist also nicht nur unterworfen vom Imperialismus, sondern das Entscheidende ist: der Imperialismus kann sich nicht mehr ausdehnen, im Gegensatz zur Zeit vor 85 Jahren. Solange der Lohnsklave Lohnsklave bleibt, solange die Völker unterworfene Völker bleiben, also ausgebeutete Völker, solange engen sie die menschliche Produktion, die Entwicklung der Produktivkräfte, unter heutigen Bedingungen in einem Maße ein, daß die Gefahr besteht, daß sie in ein vorindustrialisiertes Dasein der Menschheit fallen. Der Imperialismus ist also nicht nur parasitär. Er ist nicht nur im Stadium der Fäulnis. Er ist die Fäulnis selbst. Und dies ist der Grund, warum die allgemeine Gesetzmäßigkeit der kapitalistischen Krisenzyklen nur noch als Schatten ihrer selbst sichtbar werden und Realität. Warum der Aufschwung, der die Bereinigung der Wirtschaftskrise offenbart wie in jeder Krise des Kapitalismus, auch im sechsten Jahr der weltumspannenden Krise ausbleibt. Da die Krise weltumspannend ist und eine allgemeine Krise des Kapitalismus – daß selbst der Ausweg, der noch in der letzten Weltwirtschaftskrise gegeben war, immer geringer und schwächer wird. Nämlich der Ausweg für den Kapitalismus, seine gesamte Ökonomie umzustellen auf Kriegsökonomie und zur Kriegsproduktion. Griechenland, Portugal, Spanien, Irland – die Mehrheit aller kapitalistischen Länder auf der Welt haben die Kriegsökonomie nicht als Ausweg, die Bourgeoisie zu retten. Z.B. Griechenland kann noch bedingt Waffen vom deutschen Imperialismus kaufen. Aber produzieren kann die griechische Bourgeoisie sie nicht. Das heißt, sie hat keinen Ausweg, die Millionen, die von der Hand in den Mund leben und ohne Arbeit sind, in Brot und in Arbeitsstätten zu bringen. Oder anders gesagt: Das Lohnsystem für Millionen und Abermillionen Menschen in Europa bricht zusammen.

Und damit ist die Bourgeoisie unfähig, ihre gesamte Gesellschaft noch aufrechtzuerhalten. Zur Erinnerung: Schon im „Manifest der Kommunistischen Partei“ haben Marx und Engels der Bourgeoisherrschaft das Todesurteil gesprochen, nämlich „daß die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Gesellschaft zu bleiben und die Lebensbedingungen ihrer Klasse der Gesellschaft als regelndes Gesetz aufzuzwingen... Die Gesellschaft kann nicht mehr unter ihr leben, d.h., ihr Leben ist nicht mehr verträglich mit der Gesellschaft.“1

4. Die starken imperialistischen Länder, darunter der deutsche Imperialismus, die die Welt aufgeteilt haben unter sich, und die jahrzehntelang und in den ersten Jahren der Weltwirtschaftskrise noch die Möglichkeit hatten, die allgemeine Krise in ihrem Land zu bändigen, die Entindustrialisierung zu bändigen, Millionen Menschen, die erwerbslos sind, noch am Leben sich erhielten in ihren Ländern – sie exportierten nicht nur Waren in fremde Länder wie z.B. der deutsche Imperialismus nach China oder in einzelne europäische Länder. Sondern sie exportierten noch in viel größerem Maße die umfassende allgemeine Krise in diese Länder. Der deutsche Imperialismus jagte mit seiner Produktion zum großen Teil um die Welt. Von der Bundesrepublik ging die Fabrikation der Waren zuerst – vor der Krise – in die Staaten der Konterrevolution des ehemaligen Sozialismus. Getrieben und ausschließlich getrieben durch die Gier der Ausbeutung. So schnell die tschechischen oder polnischen Arbeiter unter deutschem Kommando industriell das fertigten, was die westdeutschen Arbeiter nicht mehr fertigten – so schnell verloren sie auch wieder diese Produktion, weil das deutsche Kapital, durch die Konkurrenz der wenigen imperialistischen Länder gezwungen, weiterziehen mußte in Länder, wo die Produktivkraft Mensch mit einem Brot und einem halben Dach abgespeist noch werden konnte, wie insbesondere in asiatischen Ländern und ehemaligen sozialistischen Ländern wie Vietnam oder die Volksrepublik China. Dort lockten die Stundenlöhne von Cents, die dem deutschen Imperialismus die allgemeine Krise wie insbesondere die in ihr ruhende Weltwirtschaftskrise für wenige Jahre hinauszuschieben wußten. Wenn Arbeiter in China, wie geschehen, um Lohnerhöhung kämpfen und 50 Cent pro Stunde mehr in ihren Streiks durchsetzen, so ist das Kapital, der Imperialismus, gezwungen, wie geschehen durch das südkoreanische und japanische Monopolkapital, fluchtartig das Land China zu verlassen. Den deutschen Imperialismus, insbesondere die Autoindustrie wie VW, ereilt das gleiche Schicksal. Mit Recht befürchten sie, daß die Fabriken, die sie in China in den letzten 15 Jahren aufgebaut haben, sich nicht mehr rentieren, also die Ausbeutung der chinesischen Arbeiter sie schon dann nicht mehr konkurrenzfähig macht, wenn die chinesischen Arbeiter 50 Cent mehr verlangen. Ihre also immer gleiche Produktion, mit der sie durch die Welt gezogen sind und in immer wieder neuen Länder diese Produktion auf- und wieder abgebaut haben, trifft jetzt auf eine Situation, wo der Bourgeoisie, den Imperialisten, die Länder ausgehen, wo sie noch hinziehen könnten. Wo also überhaupt noch Bedingungen herrschen, daß der Imperialismus, das kapitalistische Gesellschaftssystem in seinem letzten Stadium überleben könnte. Weder für die chinesischen Arbeiter noch für die Milliarden Chinesen ist der Kapitalismus ein Ausweg – und sei es nur ein Ausweg, mit Hunger und Elend zu überleben. Er ist, wie in Europa, der Weg, daß ein Gesellschaftssystem unmittelbar und direkt die Vernichtung der Menschheit, der Natur und ihrer Ressourcen in einer Weise betreibt, daß dies die Menschheit gefährdet. Und dies ist eben nicht ein Krisenzyklus, sondern die allgemeine Krise ist weltumspannend und erhält ihre Zuspitzung in der ökonomischen Krise der Weltwirtschaft, ohne aber noch die Mittel, wie von 85 Jahren, zu besitzen, sie umfassend wieder zu beseitigen, um für Kurze Zeit die kapitalistische Gesellschaft prosperieren zu lassen. Der imperialistische Weltkrieg, die Zerstörung alles Geschaffenen, wird der Bourgeoisie noch weniger die Möglichkeit zurückgeben, in einzelnen Ländern weiter zu herrschen. Er wird die allgemeine Krise und das Siechtum nur noch in einem Ausmaß vergrößern, wo die Menschheit und der Erdball in höchste Gefahr geraten.

5. Was sich also schon 1928-34 und dann im imperialistischen Ausweg des deutschen Weltkrieges offenbarte ist, daß die gesellschaftliche Form der Ausplünderung und Unterdrückung, also mit einem Wort, die kapitalistische Ordnung für die Menschheit unerträglich geworden ist, daß die Enteignung ihrer Bourgeoisie unerläßlich ist für Milliarden von Menschen, daß die Völker weltweit nur noch einen einzigen Ausweg besitzen, nämlich die Errichtung des Sozialismus bzw. der Volksdemokratien.

Neben all dem, was wir bisher gesagt haben, konnte die große Krise von 1929 bis 1933 aber vor allem aus einem ganz entscheidenden Grund diese Sprengkraft, diese Vernichtung nicht entwickeln. Es waren die Arbeiter an der Macht. Es war die sozialistische Sowjetunion, die den Fortschritt, die die Entwicklung der Produktivkräfte in der Welt hielt und dieser Welt ihre Zukunft vorexerzierte. Nicht nur, daß die Sowjetunion krisenfrei produzierte. Sie produzierte vor allem anders. Unter Führung der Arbeitermacht setzte sie ganz andere Kräfte der entscheidenden Produktivkraft frei, des kollektiv handelnden, planenden, sich wissenschaftlich im Produktionsprozeß mit der Natur auseinandersetzenden Menschen. Sie brachte den Menschen hervor, der zum ersten Mal sein Schicksal frei und bewußt gestaltete. Sie zeigte der Welt jenes „gesellschaftliche Individuum“ mit all seiner revolutionären Kraft, von dem Marx gesprochen hatte. Sie war damit ein Ansporn für die Arbeiterbewegung der ganzen Welt, gegen den Untergang der Menschheit in der Barbarei zu kämpfen. Sie gab Kunst und Kultur für die ganze Welt einen gewaltigen Aufschwung. Und wenn z.B. in der Weimarer Republik, wie es etwas vereinfachend gerne gesagt wird, „der Geist links stand“, dann war das weniger der deutsche Geist, der da ein wenig wacklig stand, sondern das Vorbild der Sowjetunion bei der Entwicklung von Kunst und Kultur. Ein Satz selbst eines bürgerlichen Schriftstellers wie der Satz Thomas Manns vom „Antikommunismus als Grundtorheit unserer Epoche“2 konnte nur unter den Vorzeichen der Diktatur des Proletariats in der Sowjetunion und unter dem Eindruck ihrer gewaltigen Leistungen im Kampf gegen die nazifaschistische Barbarei gesagt werden.

Ökonomisch gab die Sowjetunion kleinen und mittleren kapitalistischen Nationen Möglichkeiten der Produktion und des Handels, die sie vor dem räuberischen Zugriff der imperialistischen Hauptmächte wenigstens ein wenig schützten und ihnen eine gewisse eigenständige Entwicklung von Produktivkräften ermöglichte. Politisch ermöglichte sie ihnen damit etwas wie die Neutralität skandinavischer Länder. Über Länder wie Ägypten usw. haben wir schon gesprochen. Etc. etc.

6. Die Weltwirtschaftskrise der 20er und 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts hat in gewissem Umfang das Monopol gestärkt aus ihr hervorgehen lassen. Sie hat kleinere und mittlere Bourgeoisie vernichtet und damit die Konzentration und Zentralisation des Kapitals gewaltig vorangetrieben. Die jetzige Krise vernichtet selbst Monopole und mit ihnen die Industrien größerer kapitalistischer Länder. Man sehe sich nur die Automobilindustrie an, wo einst gewaltige Monopole wie Fiat in Italien und PSA (Peugeot/Citroën) in Frankreich vor der Vernichtung stehen. Monopole, die über Jahrzehnte hinweg eine herausragende Stellung in Produktion und Klassenkampf einnahmen.3

Nun haben die Arbeiter der Welt Automobilfabriken nicht nachzutrauern. Aber sie haben eine Katastrophe für die Menschheit abzuwenden. Diese Katastrophe ist die Vernichtung der wichtigsten Produktivkraft selbst – des Menschen als „gesellschaftliches Individuum“ (Marx), als kollektiv im industriellen Prozeß arbeitenden Produzenten. Jeder Industriearbeiter wird uns bestätigen, wie wenig tauglich noch selbst für die verkrüppelte Industriearbeit des Kapitalismus der Arbeiter ist, nimmt man ihn für einige wenige Jahre aus dem unmittelbaren Produktionsprozeß heraus. Eben dies aber macht die Krise und ihre nicht endende Depression weltweit hundertmillionen-, ja milliardenfach. Ganze Generationen von Arbeitern werden aus dem industriellen Prozeß entfernt. Ganze Generationen junger Arbeiter haben keinerlei Chance, in diesen Prozeß jemals einzutreten. Das heißt: ein immer größerer Teil der Menschheit wird sich die Produktionsmittel (oder was davon noch übrig ist) nehmen müssen allein aus dem Grund, überhaupt Mensch bleiben zu können. Es ist doch diese zunehmende Verunmöglichung der kollektiven Auseinandersetzung mit der Natur in der Betätigung und Weiterentwicklung der geschaffenen Produktionsmittel und Produktivkräfte, die die Menschen verroht, verdummt, zu einem mit den gewalttätigsten Mitteln gegeneinander um das Überleben kämpfenden Haufen macht. Den „archaischen Krieger“, wie ihn sich Generalleutnant Budde schon vor Jahren für die Bundeswehr wünschte – die Krise des Kapitalismus stellt ihn doch schon weltweit her! Und wer sich angesichts dieses verzweifelten Überlebenskampfes von einem imperialistischen Kernland, schon gar vom einzigen Krisengewinnler BRD aus über die Kriminalitätsrate in den Townships von Südafrika oder den favelas Brasiliens empört ist nichts als ein menschenverachtender Pharisäer!

Diese Krise wird nicht einfach aufhören. Jenseits der Leiharbeit liegt nicht das gelobte Land des „Normalarbeitsverhältnisses“, sondern: keine Arbeit. Jenseits des Tagelöhners liegt nicht der deutsche Facharbeiter, sondern: der Pauper. Solange noch der Hauch von Möglichkeit für das Finanzkapital besteht, andere Völker auszuplündern, solange wird es keine „Arbeitsbeschaffungsprogramme“ geben. Wo eine Generation heranwächst, die selbst in der ganzen Familie die reguläre Lohnarbeit nur noch vom Hörensagen kennt, sind sieben Milliarden Euro „zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa“ nicht mehr als ein zynischer, menschenverachtender Witz!

Und weil dem so ist, ist jeder Tageskampf, jeder Teewasserkampf in heutiger Zeit nicht mehr anders zu führen denn als Kampf des Herankommens an den Sozialismus. Und dies umso mehr in unserer Klasse. Denn der Sozialdemokratismus verursachte verheerendes Denken und Handeln in der westdeutschen Arbeiterklasse. Das Denken, die Weltwirtschaftskrise wird vorbeigehen, und alles wird wieder gut. Wenigstens so gut, wie es eben im Kapitalismus sein kann: Man schuftet, man wird ausgebeutet, aber man kann sich und seine Familie am Leben erhalten und ernähren. Die eigene Arbeitskraft wird ruiniert, aber die der nächsten Generation steht ja noch an und kann erneut in die Produktion, um auch wieder ruiniert zu werden. Dieses Denken, daß man nur kurzfristig Tagelöhner ist, aber wieder Lohnarbeiter wird, daß alles schlimm ist, aber wieder besser wird – dieses bürgerliche Denken und Handeln knechtet den Arbeiter und bindet ihn an eine Gesellschaftsordnung, die gerade alles dafür tut, daß sei selbst untergeht. Der Arbeiter, der ahnt, aber noch nicht erkennt, daß es so, wie man es ihn in der Gewerkschaft gelehrt hat, nicht kommen wird, daß eben nicht alles wieder gut wird, braucht selbst in den Betriebszeitungen und Betriebsflugschriften, in jeder Rede, die wir Kommunisten unter Arbeitern halten, in jedem Kampf, den wir führen, die Aufklärung: Da nichts mehr gut wird, soweit es in Händen der Bourgeoisie verbleibt, kann der Arbeiter nur dann die Menschheit retten und dadurch sich selbst, daß er den Sozialismus, die Volksdemokratien in anderen Ländern nicht nur unterstützt, sondern den Sozialismus selbst herbeiführt. Ohne die sozialistische Agitation und Alternative zum Kapitalismus wird gerade der westdeutsche Arbeiter nicht kämpfen. Ohne ihn in jeder Tagesfrage darauf hinzuweisen, daß diese Tagesfrage nicht mehr innerhalb des Kapitalismus gelöst werden kann (ob dies die Leiharbeit ist, die Werksverträge, also das massenhafte Herstellen des Tagelöhners, ob dies die Vernichtung der Krankenhäuser und des gesamten von ihm geschaffenen Gesundheitswesens ist, ob dies die Ruinierung des Wissens und der Ausbildung von Millionen ist oder ob es die sich in der Auflösung befindende Infrastruktur einer Industrienation betrifft) – nichts mehr ist mehr von der Bourgeoisie zu erwarten, nicht zu erwarten ist, daß der Kampf gegen die im Kleinen die Lage des Volkes und der Proletarier erleichtern oder verbessern würde. Es ist z.B. eben nicht die Hitze, die 50% aller Brücken in der BRD für den Güterverkehr unbefahrbar macht, es ist nicht die Ratte, die die Kanalisation verwüstet, es ist nicht der Virus, oder die Krebszelle, die die Menschheit bedroht, sondern es ist der Kapitalismus. Da in jeder Frage die Frage so steht: Sozialismus oder Barbarei – ist auch die Agitation und Propaganda der Kommunisten diesem unterworfen. Wer heute nicht den Sozialismus im Detail dem verkommenen Kapitalismus entgegenstellt, verhindert, daß das Proletariat den Ausweg erkennt, den seine Klasse hat, nämlich: die Menschheit zu retten. Daran wird unsere Tätigkeit gemessen. Daran wird sich beweisen, und nur daran, daß der Wiederaufbau der KPD nicht nur eine geschichtliche Notwendigkeit ist und eine gesellschaftliche Gesetzmäßigkeit in einer Klassengesellschaft von Bourgeoisie und Arbeiterklasse. Sondern daß diese Notwendigkeit sich tagtäglich offenbart. Die Genossen sind gezwungen, an einzelnen Tageserscheinungen die Erscheinungen nicht nur zu analysieren, sondern ihre Ursache und die Beseitigung der Ursache. Leiharbeit z.B. ist eben nicht nur Teil einer Kriegsökonomie des Kapitalismus, nicht nur Teil der Aufhebung des Lohnsystems (weil sie aus zeitweiliger Arbeit besteht). Sondern sie offenbart in ihrer wirklichen Ursache des Lohnsystems und die zwingende Vergesellschaftung der Arbeit durch das Proletariat. Das Erstgesagte wird nicht verschwiegen – aber das zweite nicht zu sagen heißt, dem Sturz der Bourgeoisie nicht dienlich zu sein und die Arbeiterklasse nicht zu erziehen, daß sie diesen Sturz vornehmen kann. Das Geißeln der Leiarbeit alleine wird nicht dazu führen, daß ein Klassenkampf gegen Leiharbeit in Form des Sturzes des Lohnsystems erfolgt. Das Geißeln des ruinierten Gesundheitswesen und die Enthüllung darüber genügt nicht, um das Gesundheitswesen, das das Proletariat längst beim Stand der Entwicklung der Produktivkräfte der Menschheit geben könnte, wäre es nur nicht Privateigentum, Profitquelle für die Bourgeoisie zu einem Gesundheitswesen zu machen, das dem Volk wieder dient. Auch die Enthüllung bedarf heute der Aufklärung, der Agitation: Es geht auch anders, nämlich durch gesellschaftliche Organisierung, ohne Profit und ohne Eigentum einer Minderheit, durch Organisierung die den Stand der Wissenschaft dem Volk zugute kommen läßt, wenn das Gesundheitswesen in Händen des Volkes liegt. Usw. usf. In diese Richtung haben wir zu gehen. Oder unsere Tätigkeit wird zu einer Tätigkeit, die dem Herankommen an die proletarische Revolution nicht nützlich ist.













Der Freund wird zum Feind – also ausgespäht
oder:
Die Angst geht um



Der Fakt an sich ist uninteressant, bzw.: jeder weiß es. Daß am Vorabend des dritten imperialistischen Weltkriegs die Imperialisten einander nicht weiter trauen als bis zur nächsten Hausecke – wen wundert das? Daß alle Geheimdienste der Imperialisten alle anderen imperialistischen Länder und deren Geheimdienste ausspähen, bespitzeln und unterwandern – wer hätte das nicht längst gewußt? In bestimmten Zeiten hilft der eine feindliche Geheimdienst dem anderen feindlichen Geheimdienst. So beim westdeutschen Geheimdienst. Seit die Faschisten um Gehlen den westdeutschen Geheimdienst nahtlos vom Hitlerfaschismus in die BRD überführten und ihn aufbauten, war dies durch Billigung und Unterstützung des US-Imperialismus geschehen. Daraus erfolgten ab den 60er Jahren Dutzende von Abkommen zwischen dem Geheimdienst der USA und Westdeutschland. Z.B. Nutzung im beiderseitigen Interesse der Ausspähung einzelner und Weitergabe vom einen zum anderen. Oder: Abkommen über Agenten des jeweils anderen Staates im eigenen Land. Für Mr. Snowden hätte dies bedeutet: Hätte er deutschen Boden betreten, wäre er sofort an die USA ausgeliefert worden. Denn dies ist ein Abkommen der BRD mit den USA seit Jahrzehnten. Und das ist der Grund für die sofortige Ablehnung des Asylgesuches von Edward Snowden.

Wenn die Wut des Volkes und die Organisierung der Arbeiterklasse für den revolutionären Sturz der bestehenden Ordnung die tödlichste Gefahr für sie ist, sucht die noch herrschende Klasse panisch nach jedem Anzeichen von Widerstand und Organisierung – überrascht das wirklich jemanden?

Der Fakt an sich ist uninteressant. Interessant ist, wer ihn wozu benutzt.

Wozu der US-Imperialismus benutzte, was Mr. Snowden an die Öffentlichkeit brachte, wäre vor 100 Jahren der Grund für eine Kriegserklärung gewesen. Nämlich die nahezu schonungslose Offenheit, mit der die US-amerikanische Außenpolitik den deutschen Imperialismus zu einem potentiellen Feind erklärte, über den man selbstverständlich bis ins Detail Bescheid wissen müsse. Keine Spur von diplomatischer „Verlegenheit“, die sonst des öfteren eintritt und gezeigt wird, wenn man Offenkundige laut ausgesprochen wird. Die „Verlegenheit“ ist eher auf der Seite des deutschen Imperialismus, weil er beim jetzigen Stand der Dinge weder die Ermordung irgendwelcher Thronfolger noch die Einstufung als potentiellen Feind zum Anlaß nehmen kann, der Welt den Krieg zu erklären. Zudem muß er so weit wie möglich stillhalten, sonst kehren sich die Fakten gegen ihn und würde noch deutlicher als bis zur Stunde, wie weit er mit solcher Art Kriegserklärung selber schon gegen die anderen Imperialisten gediehen ist.

Auf der anderen Seite hat der US-Imperialismus dem deutschen einen gewissen Gefallen getan. Mr. Snowden hat ja auch ans Licht gebracht, wie und in welchem Ausmaß die US-Geheimdienste auch die „Freunde“ in Frankreich und anderen europäischen Ländern bespitzelt haben. Was die Außenpolitik des deutschen Imperialismus natürlich gerne benutzt, wenigstens in einem Punkt die Isolierung zu durchbrechen, in die er sich mit seinen Spardiktaten gegen die europäischen Völker zu lavieren droht und in gewissem Grad schon laviert hat. Jetzt kann er die „europäische Empörung“ hinter sich organisieren. Und: Hätten wir eine Monarchie, die „Opposition“ in der BRD und der annektierten DDR hätte sich als das herausgestellt, was die Briten „Ihrer Majestät loyale Opposition“ nennen. Von der „Linken“ über die Sozialdemokratie bis zu den Grünen kennt die „Opposition“ in dieser Frage nur zwei Zustände der Erregung. Nämlich die Empörung über den US-Imperialismus und die Empörung über die mangelhafte Arbeit der eigenen Geheimdienste. Zustände, die die Kriegsvorbereitung nach außen nun nicht gerade erschweren.

Es ist dies eine für Vorkriegszeiten typische Gemengelage geheimdienstlicher, diplomatischer, militärischer Vorbereitungen. Sie hat ihre Kollateralschäden. So beim bürgerlichen Völkerrecht. Es blieb wieder einmal auf der Strecke, als das Regierungsflugzeug eines souveränen Staates wie ein von Erpressern gekapertes Flugzeug die Überflugsrechte in Europa verweigert bekam und in höchster Not in Wien Schwechat nahezu notlanden mußte. Wobei die Erklärung des österreichischen Bundespräsidenten dafür, daß er sofort persönlich zu Präsident Morales auf den Flughafen fuhr, Bände spricht: Er habe zeigen wollen, „daß Österreich vor niemandem Angst hat“.









Ägypten – eine Tragödie



Die Ereignisse in Ägypten sind eine Tragödie und eine Katastrophe, vor allem, weil ausnahmslos alle beteiligten Kräfte, Klassen, Schichten (die Arbeiterklasse hat nach unseren Beobachtungen in die wirklichen Kämpfe bislang nicht eingegriffen) sich über ihre Lage, die Möglichkeiten der Entwicklung in der Zukunft, die sich ihnen noch bieten, wie über die Mittel, mit denen eine Zukunft überhaupt zu errichten sein wird, zutiefst täuschen und im Sinne dieser Täuschungen blutige Schlachten im Volk geführt werden.

Wir haben es vor zwei Jahren anläßlich der ersten Revolten im arabischen Raum gesagt, und wir sagen es noch einmal im ersten Artikel dieser „Ergebnisse der ZK-Plenartagung“: Die Zeit der Herausbildung, auch die Zeit der Festigung bürgerlicher Nationalstaaten ist vorbei.

In Ägypten war das Militär nicht immer reaktionär. Nicht immer ein Feind des ganzen Volkes. Der erste Militärputsch in Ägypten in den 50er Jahren durch Gamal Abdel Nasser war nicht in allen Zügen reaktionär. Der Militärputsch der 50er Jahre war der Versuch, den Feudalismus und den Kolonialismus in Ägypten zu schlagen, und bekam deshalb in den 50er Jahren eine breite Zustimmung der bäuerlichen Fellachen wie der städtischen Bevölkerung, der kleinen Händler. Dem Militärputsch und der nachfolgenden Militärregierung unter Nasser gelang es, den Kolonialismus, den Einfluß Englands, Frankreichs und der USA aus dem Land zu schmeißen. Und es gelang in geringem Umfang, eine kapitalistische Nationalökonomie aufzubauen. Das Militär wurde dadurch Besitzer der industriellen Produktion. Und ist es heute noch: 42% der industriellen Produktion Ägyptens, und vor allem der Großproduktion, ist im Besitz des Militärs. Der Militärputsch unter Nasser war nicht die nationale Revolution, aber führte an die nationale Revolution und die Souveränität Ägyptens heran. Und aus diesem Grunde hätte dieses Regime nicht so lange bleiben dürfen, sondern hätte ersetzt werden müssen durch eine volksdemokratische Regierung und Staatsform. Es ist also eine Besonderheit und eine Ausnahme, daß nicht unter allen Umständen die bewaffnete Gewalt, das Militär, von Anbeginn reaktionär ist. Sie wird es dann, wie in Ägypten, wenn sie nicht abgelöst wird von einer Volksdemokratie.

Der erneute Militärputsch im Jahre 2013 ist durch und durch reaktionär. Reaktionär, weil er ein Hinderungsgrund ist für die Nationalisierung der Industrie und für das Herankommen an die Volksdemokratie. Reaktionär, weil er die ökonomische Entwicklung zur kapitalistischen Nation nicht mehr vorantreiben kann, auch wenn er wollte. Weil er das städtische Kleinbürgertum, die kleinen Handwerker, die Klein- und Mittelkapitalisten unterjocht und die städtische Bevölkerung so immer mehr verarmt. Weil das elendigliche Fellachentum von ihm aufrecht erhalten wird, keine ökonomischen und politischen Maßnahmen getroffen werden, es aufzuheben. Im Gegenteil: das Land wird ruiniert. Und somit vertritt das Militär eigentlich nur sich selbst, seinen Besitz und seine Macht. Es handelt heute gegen die städtische Bevölkerung ebenso wie gegen das elende Fellachen- und Bauerntum in Ägypten. Es unterwirft sich die Arbeiterklasse in brutalster Art und Weise durch eine Organisation, die es Gewerkschaft nennt, die aber nichts anderes ist als ein Kontrollapparat des Militärs über die Arbeiterklasse in den Betrieben. Und es erschwert somit der Arbeiterklasse in den Mittel- und Großbetrieben, die im Besitz des Militärs sind, die führende Klasse einer volksdemokratischen Bewegung zu werden. Und so sieht es eben auch real aus.

Die Arbeiterklasse fern der heutigen Kämpfe. Die Händler, Kleinkapitalisten, die Intelligenz, die städtische Bevölkerung, die sich aufgrund ihrer Klassenlage eine starke ägyptische nationale Bourgeoisie wünschen, an der sie teilhaben können, führen ihre Kämpfe ohne jegliche Perspektive, und deshalb fällt diese Bewegung so schnell zurück auf die Befürwortung einer Militärdiktatur. Die bäuerliche Bevölkerung, die auf Grund ihrer Klassenlage keinen Vorteil mehr hat vom Erstarken einer Nationalbourgeoise verbleibt in der Mehrheit in der feudalen Vergangenheit. Und das ist mit der Boden für die Muslimbrüder, die ihre Basis im wesentlichen auf dem Land besitzen. Die Fellachen erkennen weder die Gegenwart noch die Zukunft. Denn es ist zwingend, um als Bauer in Ägypten überleben zu können die industrielle Großproduktion des Landes und des Ackerbaus, wozu aber nur die ägyptische Arbeiterklasse durch ihre eigene Machtergreifung des Weg weisen könnte.

Die ägyptische Armee der 1950er Jahre – das war die Nationalbourgeoisie an der Macht. Heute, eine Weltwirtschaftskrise später, in der immer schärferen Zuspitzung jener Krankheit des Kapitalismus zum Tode, die wir die allgemeine Krise nennen, heute ist die Armee Repräsentant einer Nationalbourgeoisie, die nur noch zur Kompradorenbourgeoisie der großen imperialistischen Mächte werden kann bzw. als solche überleben kann. Das Volk täuscht sich, wenn es in diesem absolut reaktionär gewordenen Militär noch das Militär der 50er Jahre vermutet. Richtig: Auch nur die Fassade eines souveränen Nationalstaats ist nur noch mit dem reaktionären Militär aufrechtzuerhalten. Aber gleichzeitig ist dieses Militär zur vollkommen volksfeindlichen und antinationalen Kraft verkommen. Die 22 Millionen aus dem Volk, die die Protesterklärung gegen den Repräsentanten der reaktionären Muslimbruderschaft an der Macht unterzeichnet haben, diese nationalbourgeoisen Kräfte auf den Straßen von Kairo und Alexandria4 - sie täuschen sich, wenn sie im Protest gegen die Muslimbrüder eine Chance sehen, den längst verlorenen Traum von der Herrschaft als nationale Klasse zu verwirklichen. Herrschaft des Imperialismus und der Kompradorenbourgeoisie – oder volksdemokratische Herrschaft der Arbeiter, Fellachen und der kleinbürgerlichen Schichten im Volk, so steht die Frage spätestens seit den 1960er Jahren in Ägypten wie im gesamten arabischen Raum. Nur als Teil einer volksdemokratischen Revolution zur Errichtung der Diktatur mehrerer Klassen können die Millionen auf den Straßen Ägyptens noch eine fortschrittliche Rolle in der Geschichte spielen. Oder die Tragödie setzt sich fort, in deren Verlauf die Volksmassen zu Nutz und Frommen der imperialistischen Großmächte sich wechselseitig abschlachten. Und gleichzeitig zeigen die 22 Millionen Unterschriften der Bewegung gegen Mursi und die Muslimbruderschaft, welche gewaltige Kraft für eine solche volksdemokratische Revolution bereitsteht!



Zentralkomitee 7.7.2013

1 Marx/Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. München 2004, S. 51

2 Genauer: "Sie sehen, daß ich in einem Sozialismus, in dem die Idee der Gleichheit die der Freiheit vollkommen überwiegt, nicht das menschliche Ideal erblicke, und ich bin vor dem Verdacht geschützt, ein Vorkämpfer des Kommunismus zu sein. Trotzdem kann ich nicht umhin, in dem Schrecken der bürgerlichen Welt vor dem Wort Kommunismus, diesem Schrecken, von dem der Faschismus so lange gelebt hat, etwas Abergläubisches und Kindisches zu sehen, die Grundtorheit unserer Epoche." (Thomas Mann: The War and the Future, Vortrag am 13. Oktober 1943 in der Library of Congress, Washington)

3 Es gab auch in der Krise der 1930er Jahre Zusammenbrüche großer Firmen wie des Kreuger-Konzerns in Schweden oder der Nordwolle AG in Deutschland. Sie waren aber nicht bestimmend für diese Krise und erreichten niemals das Ausmaß des Gemetzels unter den Monopolen des Finanzkapitals selbst, das kennzeichnend für die heutige Weltwirtschaftskrise ist.

4 Wobei nationalbourgeoise Kräfte in Ländern wie Ägypten anders aussehen und zusammengesetzt sind wir in hochentwickelten kapitalistischen Ländern. Wir reden hier von kleinen Händlern, Handwerkern, „Dienstleistern“ für den Tourismus, von Intellektuellen, Studenten etc. (Siehe hierzu auch Ausführungen von Frantz Fanon in seinem Buch „Die Verdammten dieser Erde“.)