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Der deutsche Föderalismus ist ein Keim von deutschen Kriegen

Zur Föderalismus-Reform

Stellungnahme des Zentralkomitees vom 25. Februar 2006

Berge kreißen - und Mäuslein werden geboren. So mag es scheinen bei der von der neuen Regierung groß als die "größte Änderung des deutschen Staatsgefüges seit 1949" verkündeten, aber auch schon von ihrer Vorgängerregierung angepackten "Föderalismusreform". Was bekannt wird, sind durchaus läppische "Reformen" wie die Rückkehr zur landestümlichen Kleinschule und eine nur absoluten Fachleuten verständliche Neuregelung von Finanzausgleichen. Entscheidend für die Beurteilung der jetzt vorangetriebenen "Föderalismus-Reform" ist nicht, w a s damit vollbracht werden soll. Entscheidend ist das W a n n, ist der Zeitpunkt, zu dem das alles hochkommt und vorangetrieben wird.

Die deutsche Bourgeoisie, und insbesondere ihr heutiger Vertreter, das Monopolkapital, greift auf die deutsche Vergangenheit zurück, um die Gegenwart gewaltsam vorzubereiten. Deutscher Kapitalismus wurde die feudalistische Staatsform nie los. Sondern versippte und verpaarte sie mit der kapitalistischen Staatsform. Er gehört deshalb zu den Ausnahmen unter seinen bourgeoisen Brüdern, die gründlich mit der feudalen Staatsform, z.B. in England oder Frankreich Schluß gemacht haben. Worum es dabei dem Monopolkapital wirklich geht, um das zu verstehen muß man sich die besondere Rolle des Föderalismus in diesem Land deutlich machen.

Die deutsche Bourgeoisie, zu spät aus ihren Duodez-Fürstentümern herausgekrochen, und schon mit der Furcht vor der sich organisierenden Arbeiterbewegung infiziert, wagte es 1848 und folgende nicht, ernst zu machen mit ihrer eigenen Revolution. Nicht nur, daß sie nach den Märzkämpfen nichts anderes zu tun hatte, als einen Feudalherren als Reichsverweser einzusetzen und den Freiheitskampf der osteuropäischen Völker zu bekämpfen statt mit aller Kraft zu unterstützen. Sie beließ es im Staatsaufbau mit dem Föderalismus auch bei einem feudalen Relikt. Sie stellte damit nicht die Form des bourgeoisen Staats, den bürgerlichen Zentralstaat her, wie er im 17. Jahrhundert in England und im 18. in Frankreich geschaffen wurde.

Diesen Föderalismus, mit dem Blut der Arbeiter von Berlin, Wien und Rastatt und dem Rotz bürgerlicher Feigheit gedüngt, nutzte dann diese deutsche Bourgeoisie, als sie sich zur imperialistischen herangebildet hatte, auf ihre reaktionäre Weise aus. Die zwei Gesetzlichkeiten, die ihr der Föderalstaat bot, nutzte sie nach dem 1. imperialistischen Weltkrieg und nach der Revolution von 1918/19 zur Spaltung und Zerschlagung der revolutionären Arbeiterbewegung und zur Niederwerfung der ersten proletarischen Revolution auf deutschem Boden. Sie tat das bei der Niederschlagung der Räterepubliken in Bremen und Bayern, beim Kampf gegen die Einheits-Volksfrontfrontregierungen in Sachsen und Thüringen. Sie tat das bei der Erhebung des Ruhrgebietsproletariats und seiner Niederschlagung im Kapp-Putsch. Sie tat das durch Schaffung besonders reaktionärer Horte z.B. in Bayern, wo die ultrareaktionäre Kahr-Regierung sich im reaktionären Zweifel einen Dreck um die Reichsgesetzgebung scherte, wenn es sich um den Kampf gegen die Arbeiter und um die Schaffung eines sicheren Hafen für die verkommensten und reaktionärsten Bewegungen wie die junge NSDAP und nationalistische Haufen wie die Thule-Gesellschaft, die Organisation Consul etc. drehte, und wo die KPD länger als im übrigen Reich in der Illegalität gehalten wurde.

Die SPD-Regierungen im Reich wiederum wichen immer wieder vor dieser in einzelnen Ländern geballten reaktionären Macht zurück, nahm "Rücksicht", benutzte die "Rechte der Länder" als Ausrede, nicht entschieden gegen diese reaktionären Strömungen vorgehen zu müssen. Diese Politik, auf der Klaviatur der zwei Gesetzlichkeiten zu spielen, betrieb das deutsche Monopolkapital bis in die reaktionäre Regierung Papen hinein - bis die reaktionärsten, am meisten chauvinistischen Teile des Finanzkapitals den Zeitpunkt für gekommen hielten, auf die offene terroristische Diktatur umzuschalten; bis sie die Arbeiterbewegung für genügend geschwächt und geschlagen hielten, dieses Umschalten vorzunehmen. Das macht den "Preußenschlag" von 1932, also die verfassungswidrige Absetzung der sozialdemokratischen Regierung in Preußen durch die Papensche Zentralregierung zu einem Wendepunkt. Das war der entscheidende Hebel für die Reaktion, das ganze Land mit der offenen Gewaltherrschaft zu überziehen, und die sich daraus ergebende Zentralisierung und zeitweilige Zurückdrängung des feudalen Staatssystems Föderalismus durch den deutschen Faschismus. Der Hitlerfaschismus zögerte dann keine Sekunde, mit Hilfe dieser offenen terroristischen Diktatur nach dem 30. Januar 1933 binnen weniger Wochen Schluß zu machen mit dem Föderalismus im Reich.

Bei diesen blendenden Erfahrungen des Kapitals gegen die Arbeiterbewegung ist es kein Wunder, daß die Imperialisten in der Anti-Hitler-Koalition nach 1945 und später beim Aufbau der Bundesrepublik so großen Wert auf einen föderalen Staatsaufbau legten, daß sie z.B. einen ausgewiesenen und notorischen Separatisten wie Konrad Adenauer so gerne als Kanzler sahen. Und ebenso wenig ist verwunderlich, daß die sozialistische Sowjetunion gegen den Föderalismus und für ein zentralistisches, einheitliches und demokratisches Deutschland eintrat und die DDR nicht erst, aber für alle Welt sichtbar und gründlich mit der Umwälzung ihres Staatsaufbaus 1952 die "Länder" abschaffte und den Föderalismus auf den Misthaufen der Geschichte warf. Bereits die antifaschistisch-demokratische Umwälzung bedurfte wenigstens des konsequent bürgerlich-demokratischen Prinzips des Zentralismus und des Zentralstaats.

Die Kommunisten, den bürgerlich-parlamentarischen Zentralstaat für eine historische Errungenschaft der bürgerlichen Revolution haltend, sehen in ihm den besten Boden für die Revolution des Proletariats. Sie sind, den Föderalismus für ein reaktionäres Relikt des Feudalismus begreifend, gegen jeglichen Föderalismus.

Wenn die Todfeinde des revolutionären Proletariats, die Finanzkapitalisten, heute eine "Föderalismusreform" aus der Tasche ziehen, dann wegen der Erfahrungen, die sie damit historisch gemacht haben als Instrument der Niederhaltung des Volkes, der Zersplitterung und Zerstörung seiner Kämpfe. Wo die Bourgeoisie sich Voraussetzungen schafft, ein weitgehend schon geschlagenes Volk unter ihrer Knechtschaft der offenen Gewalt, die faschistischen Diktatur zu zwingen und den Widerstand im Volk zu brechen; und die Feine ihrer Diktatur im Vorfeld ihrer Diktatur schon zahlenmäßig massiv geschwächt zu haben.

Sie müssen - anders als in der Weimarer Republik - hierzulande mit Jahrzehnten bürgerlicher Demokratie fertigwerden. Sie bedienen sich der alten Mittel, der Schaffung besonders reaktionärer Kerne (etwa in Kochs Hessen oder Stoibers Bayern). Sie bedienen sich der Länderstruktur, um sie für weitere Annexionen auszunutzen, ohne in den Geruch Hitlerscher Anschlußpolitik zu kommen: Alle bisherigen Regierungen haben die Unverletzlichkeit von Grenzen in Europa, keine einzige die Unveränderbarkeit der Grenzen anerkannt. Und wer wollte schließlich auch nach der Ersetzung des Artikels 23 GG durch einen "Europaartikel" einem Schlesien verwehren, als 17. Bundesland der BRD beizutreten? Das wäre doch genau "nur" jene deutsche Europapolitik, die mit den Euroregionen schon ein bestens funktionierendes Mittel gefunden hat, die Zentralmacht anderer Länder zu zersetzen und die Grenzen aufzuweichen. Kurzum: Je föderalistischer sie sind, desto leichter, sich z.B. "Schlesien" als neues Bundesland einzuverleiben. (Wer aber würde sich z.B. "Schlesien" einverleiben? Nicht irgendein anderes "Bundesland", sondern der deutsche Imperialismus, derselbe, der sich 1938 das "Sudetenland" einverleibte.)

Wo und soweit das eine Schwächung des Zentralstaats ist, ist es eine Schwächung des Zentralstaats in seiner jetzigen Form, was nicht ausschließt, sondern beinhaltet, daß er dabei reduziert wird auf das Kommando über die wesentlichen materiellen Mittel staatlicher Gewalt. Die neue Betonung des Föderalismus, die mit großem Getöse angekündigte Reform des bundesdeutschen Staatsaufbaus - sie ist eine Übergangsform, ein zeitweiliges Mittel der Heranführung an weitere Angriffe auf die Arbeiterbewegung, sie ist ein Mittel, noch mehr Hände freizubekommen für das, was das Monopolkapital als Notwendigkeit heraufziehen sieht, auf die Notwendigkeit von Krieg und offener Diktatur.