ZUM
A N T I K R I E G S T A G
POLEN IST NOCH NICHT VERLOREN
- WIEDER -
Die Deutschen sind wieder da.
Sechsundfünfzig Jahre nachdem Hitlers "Generalgouvernement"
in Polen unter den Schlägen der Roten Armee zusammenbrach.
Am 1. September 1939 überfiel Deutschlandund die Generation, die keine Unschuld
kennt, Polen und mit ihm die ganze zivilisierte Welt. Der germanische Herrenmensch
legte Polen in Schutt und Asche, mordete 6 Millionen Polen, 38 % des gesamten
Nationalvermögens waren nach dem Krieg vernichtet, in Warschau waren 44 % aller
Wohnungen zerstört und fast alle beschädigt, und so sah es in anderen Städten
auch aus; 63 % aller Brücken; 33 % der Eisenbahnstrecke zertrümmert; von 30 000
Industriebetrieben fast 20 000 dem Erdboden gleichgemacht, die Dörfer abgebrannt,
das Vieh vom deutschen Landser aufgefressen. So erlebte Polen seine nationale und soziale
Befreiung von der deutschen Barbarei.
Eine Generation später - die Generation, die für sich die "Gnade der späten Geburt"
reklamiert: Und die deutsche Kanaille ist zurückgekehrt! Erneut marschiert sie auf,
gegen ein Volk das Auschwitz und Majdanek nicht nur einfach überlebt, sondern besiegt hat,
ein Volk, dessen Freiheitskämpfern die SS-Offiziere den Mund mit Zement füllen
ließen, damit sie wenigstens auf dem Weg zur Hinrichtung schweigen mußten.
Der deutsche Herrenmensch will und kann von Polen nicht lassen.Die Finanziers Hitlers,
die Deutsche Bank, die Siemens ... bemächtigensich Polens - erneut, spätestens seit 1980.
Ein deutsch-päpstliches Ziehkind ist die reaktionärste, bigotteste Konterrevolution,
die jemals Polen heimsuchte, die "Solidarnosc" mit ihrem päpstlich geweihten
Arbeiterführer Lech Walesa. Die Ende der 70er und Anfang der 80erJahre mit Millionen
aus der Kriegskasse des deutschen Kapitals gepäppelt wurde. Und als wäre dies
nicht schon Verbrechen genug, erhielt die "Solidarnosc" auch noch die aktive Hilfe des DGB.
Das deutsche Millionen-Bombardement verfehlt nicht die Wirkung. Polen gerät erneut
unter die Deutschen. Die ehemals stolze und unabhängige sozialistische Republik Polens
wird nicht nur zu einem imperalistischen Schuldnerstaat, sondern zu dem deutschen
Schuldnerstaat. Was die "Welt am Sonntag" eines Axel Springer schon in den 80er
Jahren blaffen ließ: "Polen soll die einstmals durch Raub und Mord ergaunerten
deutschen Ostgebiete gegen neue Kredite verpfänden". Polens Verschuldung im Ausland
belief sich zum Jahresende 1998 auf rund 43 Milliarden US-Dollar und hiermit ist das
völkerrechtsmässige Gebiet Gesamtpolens, darunter die verbrieften "Ostgebiete", im
Potsdamer Abkommen, gefährdet. Polens Volkseigentum gerät in den 90er Jahren zusehends
immer mehr in Deutsche Hand. 5000 deutsche Unternehmen sind aktiv in Polen.
Zu den größten Räubern zählt z.B. die Opel AG, die Reemtsma Cigarettenfabrik,
Dyckerhoff (Zementherstellung), Dr. Oetker, MAN - Nutzfahrzeuge, RAG Umwelt, RWE Energie AG.
Und so weiter und so fort. Natürlich darf bei solch einem Schlachtfest die deutsche
revanchistische Presse nicht fehlen. Die Passauer Neue Presse (mit den meisten polnischen
Regionalzeitungen) ist auf dem Schlachtfeld ebenso in Stellung gegangen wie die Axel
Springer "Polska", um die neue polnische Besitznahme durch die deutschen Banken dem
letzten gut meinenden Polen auf gute deutsche Art einzubleuen. So auch zum Beispiel:
die Übernahme der Krakauer Bank Przemyslowo-Handlowy für 604 Millionen US-Dollar
durch die Bayerische Hypo- und Vereinsbank oder die Besitzergreifung polnischen Eigentums
durch die Dresdner Bank, etc. Nichts scheint der Arbeiter Polens, der zu 15 % erwerbslos ist,
seit Polens Ausverkauf nötiger zu brauchen, als deutsche Versicherungsunternehmen.
Ob Allianz, ob Gerling-Konzern, ob R+V Versicherung, Alte Leipziger,
Inter Hamburg Mannheimer, DKV, sie alle sind in Polen heute ansässig.
Ganz so, als würde es sich darum drehen, den rund 40 Millionen polnischen
Menschen durch Lebensversicherungen, Hausratsversicherungen etc. den weitgehenden
Verlust Polens an Deutschland zu versichern. Deutschland führt seit 1998 die Liste
der Investoren in Polen an - sowohl nach der Anzahl der Unternehmen als auch nach
Investitionsvolumen.
Aber Polen habe doch auch einen Nutzen davon, daß Deutschland Polen in Beschlag nimmt,
so tönt es hierzulande.
Der Arbeiter in Polen auf keinen Fall. Nicht einmal
Lohnarbeiter, Ausgebeuteter des deutschen Kapitalisten wird er. Denn die 5000 deutschen
Firmen mit ihren Milliardeninvestitionen schaffen gerade 0,19 Millionen Arbeitsplätze
gegenüber den Millionen Arbeitsplätzen, die sie in der polnischen Volkswirtschaft vernichtet
haben. So kann es auch nicht ausbleiben, daß die jetzige deutsche Besetzung
polnischen Gebietes immer öfter auf stärksten Widerstand im polnischen Volk
stößt. So, daß selbst der stellvertretende Vorsitzende der "Stiftung für
deutsch-polnische Zusammenarbeit", der nicht als deutschfeindlich im Verdacht stehende
Bauernpolitiker Janusz Dbrosz jüngst öffentlich einen neuen deutsch-polnischen Vertrag
gefordert hat, der Polen "vor dem Ungleichgewicht der Wirtschaftspotentiale" schütze
und "die Realität der 1945 in Potsdam von Polen erworbenen Rechte" einklagt.
Die Deutschen sind wieder da. Die deutsche Kanaille ist zurückgekommen.
Der Kommißstiefel, der deutsche Soldat marschiert in Polen - 62 Jahre nach dem
Einfall der Wehrmacht in Polen. Die Finanziers Hitlers, die deutschen Monopole, die
Banken bemächtigen sich Polens Wirtschaft. Da, wo die Finanziers Hitlers sind,
da ist - der deutsche Soldat. So auch jetzt wieder. Im deutschen Raubzug gegen Polen befindet
sich erneut und in seinem Gefolge, der deutsche Soldat. Der Soldat von der 14.
Panzergrenadierdivision Neubrandenburg im trinationalen Korps "Nordost", samt Hauptquartier.
Das Korps lagert seit Sommer 1999 in Szczecin. Diese erneute Besetzung polnischen
Staatsgebiets durch deutsche Soldaten bezeichnete der damalige Kriegsminister Rühe von
Kanzler Kohl wie folgt: "Das Korps hier in Stettin (?!) bedeutet keine Expansion der
Deutschen und Dänen gegen den Osten, sondern eine Wiedervereinigung Europas".
Natürlich - was sonst! Deutschlands Wiedervereinigung in den Grenzen von 1937.
So dachte und sagte es Dr.Kurt Schumacher, Vorsitzender der SPD 1951:
"Keine deutsche Regierung und keine deutsche Partei könne bestehen, die die
Oder-Neiße Grenze anerkennen. Wir lehnen Nationalverrat ab". "Die Zustimmung der
Sieger von 1945 zur kleinstdeutschen Wiedervereinigung von BRD und DDR nur bei
Verzicht auf die Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße und auf das Sudetenland ist
Erpressung", so sagt es ein führender Revanchist, Prof. Dr. HelmutSchröcke, aus dem
Lager der "Landsmannschaften der Vertriebenen Schlesiens". Die Hupkas und Co., die von jeder
BRD-Regierung, ob von der CDU/CSU oder von der SPD/Grüne, jahrein jahraus (seit 1950),
Millionen und Abermillionen Steuergelder von all diesen BRD-Regierungen erhielten und
weiter erhalten, sie sind nicht die Ewig-Gestrigen. Sonst müsste sich auch der Kanzler
Schröder selbst zu den EwigGestrigen zählen. Dazu zählt sich der Kanzler
Schröder nicht. Trotzdem läßt er sich seine urdeutsche Ehre nicht nehmen,
spricht er doch an diesem 3. September 2000 in Berlin bei den Landsmannschaftlichen
Revanchisten, den "Vertriebenverbänden". Seine Aufwartung als Kanzler bei den
Revanchistenverbänden läßt sich Schröder weder durch die Verträge zwischen den
Staaten der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen, die die BRD völkerrechtsverbindlich
abgeschlossen hat, noch durch die Vertragsunterschrift der BRD mit Polen, durch die die
Oder-Neiße-Grenze als endgültige östliche Grenze Deutschlands anerkannt wird, noch
durch das Potsdamer Abkommen vom 2.8.1945 vermiesen.
Ein Schlesier bleibt ein Schlesier. Auch dann, wenn er im Jahr 2000 z.B. in München oder
in Frankfurt - das Licht der Welt erblickte. Dies ist nicht nur das Selbstverständnis der
Schlesischen Landsmannschaften, dies ist bundesrepublikanisches Recht, niedergelegt und
verbrieft in den Vertriebenengesetzen. Daß die Schlesier biologisch aussterben -
was die Mehrheit längst ist - ist somit weitgehend ausgeschlossen und somit wird der
Revanchismus auf die Gebiete in den Grenzen von 1937 vom Staat der BRD angewendet
und geschützt. Daß ein Pole ein Pole bleibt, dies ist weniger verläßlich.
Der Artikel 116 "Deutscher im Sinne des Grundgesetzes" macht es möglich.
Zwei Pässe, zwei Staatsbürgerschaften, schafft die deutsche Gesetzlichkeit, so daß die
"Freiwilligen-Aufnahmestellen Ost" junge Polen in die Bundeswehr rekrutieren kann. Zum
Verfahren sagt Oberst Stief von der Freiwilligen-Aufnahmestelle Ost: "Wir laden die
Bewerber für zwei Tage nach Berlin ein, unterziehen sie einer Eignungsfeststellung.
Dabei wird die charakterliche, geistige und körperliche Eignung festgestellt."
Nach Ansicht des Warschauer Verteidigungsministeriums leisten viele junge Polen - mehrere
Zehntausende - ihren Grundwehrdienst in der Bundeswehr.
Ein deutsches Sprichwort besagt: Keiner kann in Frieden leben, wenn es der böse
Nachbar nicht will. Wie lebt die polnische Arbeiterklasse
unter solchen deutschen Bedingungen. 1980 ist nicht der Sieg der polnischen Arbeiter.
Es ist das Ergebnis ihrer furchtbaren Niederlage, die im Jahre 1956 ihren Ausgang nimmt.
Eine Niederlage, die nicht schmerzlicher und schrecklicher sein kann und die zu Ergebnissen
geführt hat, von denen wir einige wenige - aus deutscher Sicht - hier aufgezeigt haben.
Welche Sicht die polnischen Arbeiter auf die letzten 20 Jahre ihrer Geschichte haben,
davon wird Euch der Genosse Zbigniew Wiktor, Vorsitzender des Zentralkomitees der
Kommunistischen Partei Polens "Proletariat" berichten. Wie die Arbeiter, Teile des
polnischen Volkes es wieder lernen - so verwirrt und fehlgeleitet auch heute noch große
Teile sind - ihre Macht, ihr Wissen, die nicht zuletzt in den Erfahrungen und in der
Geschichte ihres Landes liegen, für die Wiedererringung ihrer sozialistischen Zukunft,
der Diktatur ihrer Klasse, zu gebrauchen, darüber wird der Genosse aus Polen Euch ebenso
Rede und Antwort stehen.
"Noch ist Polen nicht verloren". Diese Aussage, die die polnische Nationalhymne trifft, hat
an Gültigkeit und Aussagekraft nichts eingebüßt, wenn auch wir, die Arbeiterbewegung der
BRD, die Geschichte unseres Hauptfeindes - den deutschen Imperalismus - so ernst nehmen,
wie er das Elend der Arbeiterklassen in Polen und hierzulande praktiziert. Wenn
wir uns nicht scheuen, die Tatsachen deutscher Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen, worüber
Helge Sommerrock, Mitglied des Exekutivkomitees des Zentralkomitees vom Arbeiterbund für den
Wiederaufbau der KPD berichten wird. Beide Genossen werden auf den Veranstaltungen zum
ANTIKRIEGSTAG "Polen ist noch nicht verloren - wieder" des Arbeiterbund für den
Wiederaufbau der KPD zu Euch sprechen.
Kommt zu den Veranstaltungen. Informiert Euch. Debattiert mit dem Genossen Zbigniew
Wiktor aus Polen und mit Helge Sommerrock aus Eurem eigenen Land. So daß gesagt werden
kann: "Polen ist nicht verloren", weil der Arbeiter, der Anti-Faschist, der Kriegsgegner
dazu beiträgt, daß deutsche Geschichte sich nicht in Polen oder anderswo wiederholt!
Text: Helge Sommerrock
geschrieben im August 2000