Befremdet zeigte sich Graf Lambsdorff darüber, daß die Amerikaner in der Diskussion über die nicht rassisch bedingten Vermögensschäden die Frage deutscher Kriegsreparationen wieder aufgeworfen hätten. Die Bundesregierung sei der Meinung, daß dieses Kapitel bei den westlichen Verbündeten abgeschlossen sei, wenn man einmal von Griechenland absieht. (Süddeutsche Zeitung, 10. März 2000) |
Nichts ist abgeschlossen!
Sofortige Entschädigungszahlung an Zwangsarbeiter
und Anerkennung der Reparationspflichten!
Vor zehn Jahren hatten sie, hatten wir die Wahl!
Entweder die DDR bleibt die DDR, und die Staatsgrenze zur BRD, ob mit oder ohne Mauer, bleibt die Grenze zwischen zwei deutschen Staaten.
Oder ein vereintes Deutschland übernimmt einen Schuldenberg von schätzungsweise 2 Billionen DM.
Nicht von oder wegen der DDR! Ganz im Gegenteil. Ohne die Reparationen, die die Deutsche Demokratische Republik für Deutschland an von Hitlerdeutschland überfallene Länder schon geleistet hatte, wäre der Schuldenberg des vereinten Deutschlands noch größer! Als (annektierter) Teil des vereinten Deutschland ist die DDR also zweimal geschlagen: Einmal, weil sie schon für den Hitlerkrieg gezahlt hat (727,1 Milliarden DM zum Wert von 1989), und jetzt, weil sie für die von der BRD nicht geleisteten Reparationen gerade stehen muß! Denn die BRD hat in den vierzig Jahren ihrer Existenz als einer der beiden deutschen Staaten nichts gezahlt oder nur dann, wo es ihr opportun erschien (Wiedergutmachungszahlungen an Israel). Damit entfielen auf jeden Einwohner vom Kind bis zum Greis in der DDR 5.500 DM Reparationen und in der Bundesrepublik 440 DM zum Wert von 1953; in der DDR also pro Kopf mehr als das Dreizehnfache. (Siegfried Wenzel, Plan und Wirklichkeit, Zur DDR-Ökonomie, St. Katharinen 1998, S. 14.) Wie kam es dazu?
Nie hatte die Bundesrepublik Reparationen zahlen müssen für den Nazikrieg, der 60 Millionen Menschen das Leben kostete und die halbe Welt verwüstete. Auf der Londoner Schuldenkonferenz 1952/53 wurden den Deutschen alle Schulden gestundet bis zur Wiedervereinigung und einem endgültigen Friedensvertrag. Man brauchte die Bundesrepublik als Basis und Stoßtrupp gegen den kommunistischen Teil Europas. Man wollte sie in der Nato haben, um den Sozialismus kaputt zu kriegen. Das hat prima funktioniert. Aber dann kamen der Mauerfall, der 2+4-Vertrag, die Wiedervereinigung. Was war jetzt mit den Reparationen, Zwangsarbeit inklusive, die damals in London so großzügig gestundet worden waren?
Man bedenke, allein die Tschechische Republik hat Forderungen in Höhe von 70 Milliarden DM gegen das wiedervereinigte Deutschland errechnet. Nimmt man die Russen, Polen, Ukrainer, Belorussen, Jugoslawen, Griechen usw. dazu, kommt man leicht über eine Billion DM. Nicht zu vergessen die Forderungen von Juden und anderen Verfolgten wegen Arisierung und Versicherungsbetrug, wegen Vermögensschäden aller Art. Womit immer noch nicht die Rede ist von den Millionen und Abermillionen Menschen in Osteuropa, denen Nazi-Deutschland Schäden an Körper und Gesundheit, an Freiheit und beruflichem Fortkommen zugefügt hatte, die aber von den Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) ausgenommen worden waren, weil die Schäden ihnen außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches zugefügt wurden und sie überdies in sozialistischen Staaten lebten. Man stelle sich vor, die Welt hätte Deutschland nach der Wiedervereinigung wenigstens finanziell zur Rechenschaft gezogen wegen der Nazi-Verbrechen! Das wäre teuer geworden. Vielleicht zwei Billionen DM, ein Drittel dessen, was die Erben in den Jahren um die Jahrtausendwende von der Kriegs- und Wirtschaftswundergeneration an Vermögenswerten einstreichen können. Nun aber wird das Ganze mit einer höhnisch betitelten Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft und mit zehn Milliarden DM abgefertigt. Soll sich diese pessimistische Sicht Conrad Schuhlers in der konkret vom Februar 2000 erfüllen? Nein!
Zunächst einmal sind diese 10 Milliarden dazu zu verwenden, um jedem ehemaligen Zwangsarbeiter sofort 10 000 DM auszuzahlen. Das ist noch keine Entschädigung, sondern nichts weiter als eine Abschlagszahlung, damit die ehemaligen Zwangsarbeiter nicht noch länger warten müssen und nicht noch mehr sterben, ohne einen Pfennig bekommen zu haben.
Zweitens darf entgegen dem von der Bundesregierung geplanten Stiftungsgesetz niemand erpreßt und schon wieder zu etwas gezwungen werden, nämlich unterschreiben zu müssen, daß er mit der Entgegennahme der ersten Zahlung auf weitere Ansprüche verzichtet. Denn mit 10 000 DM kann es in der Regel auf keinen Fall getan sein.: Seit über 50 Jahren schulden deutsche Unternehmen sowie die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches den aus ihren Heimatländern rekrutierten 10 -14 Millionen Zwangsarbeitern Lohn in Höhe von mindestens 180,5 Milliarden DM (vgl. Prof. Dr. Th. Kuczynski, Entschädigungsansprüche für Zwangsarbeit im Dritten Reich). (Aus der Erklärung Sofortige Entschädigungszahlung an jeden Zwangsarbeiter statt Schlußstrich für die Täter, für die seit Februar 2000 Unterschriften gesammelt werden.)
Drittens darf es natürlich kein Stiftungsgesetz geben, demzufolge aus dem 10-Milliarden-Topf alle anderen noch offenen Ansprüche wegen Arisierung usw. abgegolten werden sollen und somit der viel beschworene Schlußstrich per Gesetz gezogen wird.
Und wenn schon nicht die Welt ... Deutschland nach der Wiedervereinigung wenigstens finanziell zur Rechenschaft gezogen hat, dann ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns selber darum zu bemühen! Oder wollen wir froh darüber sein, daß bei uns Unternehmer und eine Regierung das Sagen haben, die ihre Verpflichtungen gegenüber der Welt nicht anerkennen wollen? So setzt man den Krieg noch fort, den Hitler begonnen hat. Und wem das zu moralisch klingt: So bereitet man den Boden für den nächsten Krieg gegen den Rest der Welt. Aber die Welt würde sich wahrscheinlich großzügig zeigen, wenn das sich schon jetzt immer mehr als Alptraum erweisende vereinte Deutschland wieder in die Teile aufgeteilt würde, in denen es vierzig Jahre existierte und in denen es friedlicher als vor der Teilung existierte und, wenn man an den jüngsten Krieg gegen Jugoslawien denkt, friedlicher als nach der Aufhebung der Teilung!
Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD
Exekutivkomitee des Zentralkomitees
Februar 2000